Freilebende Wisent-Herde im Rothaargebirge wird zunehmend zum Problem für die öffentliche Sicherheit

13.12.2017

Die freilebende Wisent-Herde wird mehr und mehr zum Problem für die öffentliche Sicherheit. Lesen Sie hier die Stellungnahme der Schmallenberger CDU.

Auch wenn das Auftreten der großen Rinder auf viele Menschen faszinierend wirkt: Aus Sicht der Schmallenberger CDU entwickelt sich das Verhalten der frei-, aber eben nicht wildlebenden Wisent-Herde im Rothaargebirge mehr und mehr zum Problem für die öffentliche Sicherheit. Daher haben wir eine Stellungnahme zu diesem Thema verfasst und diese unter anderem an das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, Frau Ministerin Christina Schulze Föcking MdL, versandt.

Wisente auf der Almert

Unser Bild zeigt Wisente auf der Almert (Bildquelle: K. Rickert)

Der CDU-Stadtverband Schmallenberg hat bereits im Vorfeld des Wisent-Projektes immer die Problematiken thematisiert, die mit der Auswilderung dieser Tiere einhergehen, sei es im Hinblick auf die Folgen für eine nachhaltige Waldwirtschaft in unserer Region oder sei es im Hinblick auf die Nutzung der heimischen Wälder durch Touristen und Einheimische als Erholungsraum. Hinzu kommt: Der Wisent war natürlicherweise in unserer Region nie heimisch, zumindest ist sein Vorkommen nicht belegt. Von einer „Rückkehr“ der „sanften Riesen“ kann daher keine Rede sein. Ebenso wie der Hochsauerlandkreis, die Stadt Schmallenberg und der Gesamtverkehrsverein Schmallenberger Sauerland haben wir uns daher stets gegen die Auswilderung der Wisente ausgesprochen.

Unsere Bedenken bestätigen sich mehr und mehr als berechtigt. Die Feststellungen des Wisent-Träger-Vereins und der Befürworter des Projektes haben sich eindeutig als falsch erwiesen: Weder sind die Verbiss- und Schälschäden durch die Tiere bedeutungslos, noch sind die Tiere wie angekündigt standorttreu, schon gar nicht verhalten sie sich scheu gegenüber den Menschen.

Dass die Wisent-Herde aus der Flachland-Kaukasus-Linie mit den Nährstoffen aus dem eher mageren Waldgras unserer Höhenlage nicht auskommt und sich deswegen von Buchenrinde ernährt, deutet darauf hin, dass das Wisent-Projekt für diese Wisent-Art gescheitert ist. Schlimmer noch: Die Schälschäden durch die wildlebenden Wisente vor allem in den hiesigen Buchenwäldern und an der Bodenvegetation machen die jahrelangen Bemühungen der heimischen Waldbauern, der Stadt Schmallenberg, aber auch des Landes NRW als Waldeigentümer zunichte, denen es um nachhaltige und klimafreundliche Waldbewirtschaftung, Aufforstung mit Laubwäldern und Pflege der heimischen Kulturlandschaft geht. Die heimischen privaten Grundbesitzer beklagen zu Recht die Schäden, die die Wisente hinterlassen, und sehen sich nachvollziehbar durch das Auswilderungsprojekt in ihren wirtschaftlichen Existenzen bedroht.

Ohne Zweifel ist die Wisent-Wildnis mit der eingezäunten Wisent-Herde bei Jagdhaus ein wichtiges touristisches Ausflugsziel für die Region, und es darf auch nicht bezweifelt werden, dass ein Großteil der Besucher der Wisent-Wildnis aus dem Schmallenberger Sauerland und weniger aus dem Wittgensteiner Land kommen. Das Schmallenberger Sauerland und die Ferienregion Eslohe sind eine gern besuchte Tourismusregion mit mehr als 900 000 Übernachtungen und zahlreichen Tagesgästen. Deswegen rührt ein großer Teil der Attraktivität der Wisent-Wildnis daher, dass die Schmallenberger und Esloher Gastgeber ihren Gästen über die Schmallenberger Sauerland Card zurzeit freien Eintritt in die Wisent-Wildnis ermöglichen.

Die freilaufende Herde mag ebenfalls eine Attraktion sein, aber nur auf den ersten Blick. Von der Herde geht potentiell eine Gefahr für Wanderer und Waldbesucher aus. Die Wisente sind eben nicht, wie immer wieder beteuert, scheue Fluchttiere, die sich bei Ansicht von Menschen schnell zurückziehen. Im Gegenteil lassen sie sich nur schwer verscheuchen bzw. sind selbst von Menschengruppen in unmittelbarer Nähe scheinbar unbeeindruckt. Das Verhalten der Herde ist aber nicht berechenbar. Das birgt Gefahren gerade bei zufälligen Begegnungen, auch für die Schaulustigen, die sich den Tieren wie aktuell auf der Almert in freier Wildbahn und nicht durch einen Zaun geschützt nähern.

Da Menschen und Wisente auf der Almert mittlerweile faktisch eine zweite Wisent-Wildnis ohne Zaun etabliert haben, wird bei künftigen Begegnungen im Wald vielleicht die Gefahr unterschätzt, insbesondere wenn die Herde Jungtiere mit sich führt. Doch die Problematik geht noch weiter: Als Folge des Wisent-Angriffs 2016 auf eine Wandergruppe, die mit Hund auf dem Rothaarsteig unterwegs war, gibt es mittlerweile auch Gäste, die, insbesondere weil sie mit Hunden wandern, Wege meiden, die bekannte Aufenthaltsorte der Tiere kreuzen. Bereiche wie der zwischen Schanze und Millionenbank drohen für Gäste mittlerweile zur sprichwörtlichen No-Go-Area zu werden, wenn sie wegen der Wisente um ihre Sicherheit fürchten müssen.

Dass nun die Almert ebenfalls zum bevorzugten Aufenthaltsbereich der Tiere zählt – mit direkter Nachbarschaft zu den wichtigen und übernachtungsstarken Touristenorten Grafschaft, Oberkirchen und Winkhausen – ist äußerst bedenklich. Die Tatsache, dass sich die Herde am Futtersilovorrat der benachbarten Bauern gütlich tut, spricht für sich. Silage ist garantiert keine arttypische Ernährung, ganz abgesehen von dem erheblichen wirtschaftlichen Schaden, der für die betroffenen Landwirte damit verbunden ist. Denn die beschädigte Silage schimmelt und ist daher als Futtermittel für Nutztiere nicht mehr zu gebrauchen.

Gerade der Bereich Grafschaft-Almert-Oberkirchen ist für seine schönen Wander- und Spazierwege bekannt und auch bei Tagesgästen beliebt. Die Presseberichterstattungen und auch Veröffentlichungen im Internet aus den letzten Tagen zeigen nicht nur, dass die Wisent-Herde unbeeindruckt von Fahrzeugen und Menschen in unmittelbarer Nähe ist. Die Bilder belegen auch, dass sich viele Schaulustige, die sich die Tiere von Nahem ansehen wollen, der Gefahr, die von der Herde ausgehen kann, nicht bewusst sind.

Die in einem Bericht des WDR (Lokalzeit Südwestfalen vom 06.12.2017) zitierten Aussagen des Wisent-Vereins halten wir für zynisch. Während der Schmallenberger Bürgermeister Bernhard Halbe zu Recht auf die Gefahren des Wisent-Wildwechsels auf der Almert hinweist und bereits eine Geschwindigkeitsbegrenzung angeordnet werden musste, sieht der Wisent-Verein die Angelegenheit gelassen: "Natürlich wäre ein Zusammenstoß mit den bis zu einer Tonne schweren Wisenten lebensgefährlich, aber nach Meinung des Vereins sind Wisente inzwischen Teil des Wildbestandes, mit dem Autofahrer jederzeit rechnen müssen", so berichtet der WDR. Wir sind sehr gespannt, was passiert, wenn es tatsächlich zu einem Unfall kommt.

Verkehrstechnisch ist die neu eingerichtete Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Almert auf 50 km/h aus unserer Sicht vollkommen verhältnismäßig und wird der aktuellen Gefahrensituation gerecht. Ein Zusammenprall eines PKW mit einem Wisent ist hochgefährlich. Bereits 2013 wurde im Kreis Siegen-Wittgenstein eine Geschwindigkeitsbegrenzung für Landstraßen diskutiert - zum Schutz der Wisente.

Dem CDU Stadtverband Schmallenberg liegt der Schutz und die Sicherheit der Menschen, Einheimische wie Gäste, am Herzen. Wir unterstützen nachdrücklich die Geschwindigkeitsbegrenzung über die Almert, sind aber der Auffassung, dass dies keine Dauerlösung sein kann. Die Tatsache, dass sich die wilde Wisent-Herde in der Nähe Schmallenberger Dörfer aufhält, stellt in unseren Augen eine Gefahrensituation für Autofahrer und Erholungssuchende und kein touristisches Spektakel dar.

Wir erwarten, dass die Verantwortlichen des Wisent-Vereins geeignete Maßnahmen einleiten, die das Herumwandern der Tiere im Schmallenberger Sauerland unterbinden. Außerdem treten wir dafür ein, den Schutz des Eigentums der Land- und Forstwirte sowie den Schutz der für das Sauerland typischen Buchenwälder höher zu gewichten als die Durchsetzung der sicherlich gut gemeinten, aber von ihrem ursprünglichen Ansatz her gescheiterten Idee der Ansiedlung der Wisente im Rothaargebirge.

Schmallenberg, 13. Dezember 2017

Ludwig Poggel
Vorsitzender CDU-Fraktion im Rat der Stadt Schmallenberg

Hans-Georg Bette
1. Vorsitzender CDU-Stadtverband Schmallenberg