Die gemeinsame Podiumsdiskussion von CDU und Bündnis90/Grüne in Schmallenberg zum Thema „Südwestfalen und das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP“ stieß auf großes Publikumsinteresse; unser Bild zeigt (v.l.n.r.): Hans-Georg Bette (1. Vorsitzender CDU-Stadtverband Schmallenberg), Jürgen Meyer (Vorsitzender Ortsverband Bündnis90/Grüne Schmallenberg), Bernd Schmitz (Landesvorsitzender NRW der "Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft"), Katharina Dröge MdB (Bündnis90/Grüne), Dr. Patrick Sensburg MdB (CDU), Moderator Denis Schmitz (WDR) und Christa Wolter (Bündnis90/Grüne)
Über 100 interessierte Bürgerinnen und Bürger konnten Hans-Georg Bette (1.Vorsitzender CDU-Stadtverband Schmallenberg) und Jürgen Meyer (Vorsitzender Ortsverband Bündnis90/Grüne Schmallenberg) am 6. April 2016 im kleinen Saal der Stadthalle begrüßen. Schnell wurden noch weitere Stühle aufgestellt, denn von dem großen Interesse an dem Thema TTIP waren die beiden Veranstalter bei aller Zuversicht dann doch ein wenig überrascht worden. Offensichtlich hatte die Idee gezündet, einmal eine gemeinsame Podiumsdiskussion von schwarz und grün zu TTIP zu organisieren, auch wenn dies im Vorfeld von manchen kritisch gesehen wurde.
Zum demokratischen Miteinander gehört auch der politische Diskurs, da waren sich Bette und Meyer in ihren Grußworten zu Beginn einig: „Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber niemand hat einen Anspruch darauf, Recht zu behalten.“
Als Podiumsgäste konnten Dr. Patrick Sensburg MdB (CDU), Katharina Dröge MdB (Bündnis90/Grüne) sowie Bernd Schmitz (Landesvorsitzender NRW der „Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft“) gewonnen werden. Moderiert wurde die zweieinhalbstündige Diskussion, die immer wieder auch durch Wortmeldungen aus dem Publikum bereichert wurde, durch Denis Stephan vom Westdeutschen Rundfunk.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde und einem kurzen Eingangsstatement der Diskutanten waren die Positionen sehr schnell verteilt. Während Katharina Dröge und Bernd Schmitz das Freihandelsabkommen TTIP aus vielen Gründen ablehnen, bemühte sich Patrick Sensburg um eine differenzierte Darstellung, in der durchaus auch die positiven Aspekte, gerade auch für den Wirtschaftsstandort Südwestfalen, herausgestellt wurden.
Katharina Dröge äußerte insbesondere die Befürchtung, dass TTIP zu einer Absenkung von europäischen Standards führen könnte. Ferner kritisierte sie die im TTIP-Abkommen vorgesehene Schiedsgerichtsbarkeit im Rahmen von Investitionsschutzabkommen. Darüber hinaus bemängelte sie die aus ihrer Sicht mangelnde Transparenz der Verhandlungen. Sie sei nicht grundsätzlich gegen Freihandelsabkommen, aber die Art und Weise der Verhandlungen sowie viele Inhalte von TTIP seien aus ihrer Sicht abzulehnen. Bernd Schmitz sprach sich vehement gegen TTIP aus, da er Gefahren für die deutsche Landwirtschaft sehe, wenn US-amerikanische Lebensmittel, die mit vermeintlich geringeren Umweltstandards produziert werden, künftig zu mehr Wettbewerb bei Milch- und Fleischprodukten führen.
Aufgrund der überwiegend ablehnenden Haltung der beiden Mit-Diskutanten, die von Teilen des Publikums unterstützt wurde, lag es allein an Patrick Sensburg, auch einmal die positiven Aspekte eines Freihandelsabkommens herauszustellen. Dabei nahm er zu den Argumenten der Diskussionsteilnehmer und den Wortmeldungen aus dem Publikum durchaus differenziert Stellung und beleuchtete auch die Hintergründe der TTIP-Verhandlungen. Mit TTIP werde einer der größten gemeinsamen Wirtschaftsräume weltweit geschaffen. Es sei wichtig, dass die Europäische Union mit den USA über ein Freihandelsabkommen verhandle, auch wenn nicht alle Inhalte seine Zustimmung finden. Es sei wichtig, dass mit TTIP Standards definiert würden, an denen sich dann auch andere zu orientieren hätten. Aufgrund der wirtschaftlichen Dynamik in anderen Teilen der Welt bestünde ansonsten die Gefahr, dass andere genau diese Standards vorgeben würden und das könne nicht im Interesse Deutschlands sein. Zudem seien Freihandelsabkommen durchaus politisches Tagesgeschäft, die Bundesrepublik habe in den letzten 55 Jahren über 130 solcher Abkommen geschlossen.
Er teile nicht die Befürchtung, dass es mit TTIP zu einer Aufweichung von Standards käme. An einigen Beispielen machte er aber die Unterschiede zwischen Europa und den USA deutlich. Während z.B. in Deutschland das Vorsorgeprinzip dazu führe, im Vorfeld mögliche Gefahren weitestgehend durch gesetzliche Regelungen zu vermeiden, so sei in den USA eher das Verursacherprinzip anzutreffen, welches dazu führe, dass bei Eintritt von Ereignissen die Verursacher durch hohe Strafzahlungen zur Rechenschaft gezogen würden.
Die von den TTIP-Gegnern häufig vorgetragene mangelnde Transparenz der Verhandlungen ließ Sensburg so nicht gelten. Er verwies z.B. auf die Internetseite der Europäischen Kommission, auf der regelmäßig über den Verhandlungsstand informiert werde. Dass die Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission und der US-Regierung geführt werden, sei im Sinne eines vereinigten Europas nicht ungewöhnlich. Grundlage sei ein Verhandlungsmandat des Rates der Europäischen Union mit detaillierten Vorgaben zu einzelnen Themenstellungen, welches seit 2014 öffentlich zugänglich sei.
Sensburg ging auch auf die Interessen der mittelständischen Wirtschaft in Südwestfalen ein. Ziel des Freihandelsabkommens sei es ja unter anderem, doppelte Test-, Prüf- und Zertifizierungsverfahren zu verringern. Von der Angleichung der Industrienormen würden insbesondere die Unternehmen in Südwestfalen profitieren, die unmittelbar als Direktexporteure oder mittelbar als Zulieferer für größere Unternehmen im transatlantischen Handel aktiv seien. Seitens der Vertreter der Wirtschaft, auch aus dem heimischen Raum, werde ihm immer wieder die Notwendigkeit eines Freihandelsabkommens mit den USA bestätigt.
Die Wortmeldungen aus dem Publikum konzentrierten sich sehr stark auf das Thema Landwirtschaft, insbesondere wurden Befürchtungen geäußert, dass mit TTIP der Massenproduktion und dem Preisverfall weiter Vorschub geleistet werden könnte. Sensburg kritisierte, dass die Interessenvertreter der Landwirtschaft nicht immer mit einer Stimme sprechen würden. Er mahnte an, dass auch in der Landwirtschaft einheitliche Standards wichtig seien, um Missbrauch zu verhindern. So sei zum Beispiel das „Kükenschreddern“ aus seiner Sicht moralisch verwerflich und müsse schnellstmöglich verboten werden. Dies müsse aber international verbindlich sein, damit nicht einzelne Länder Wettbewerbsvorteile durch niedrigere Standards geltend machen könnten.
Moderator Denis Stephan war gut vorbereitet und verstand es, die Diskutanten durch seine Fragen aus der Reserve zu locken. Dabei musste er weder die Podiumsteilnehmer noch das Publikum lange bitten: Die Diskussion war von Anfang bis Ende hochspannend, teilweise sehr emotional, aber trotz aller Härte in der Sache immer fair.
Ob es bei Befürwortern oder Gegnern nach der Debatte zu einem „Meinungsaustausch“ gekommen ist, wird nicht zu erwarten sein. Die interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten jedoch während der Diskussion die Gelegenheit, Argumente für die eigene Meinungsbildung zu sammeln und neue Aspekte einzubeziehen.
Aus Sicht des CDU-Stadtverbandes bleibt festzuhalten, dass die gemeinsame Veranstaltung mit Bündnis90/Grüne ein Erfolg war, was einerseits an der hohen Teilnehmerzahl und andererseits an der spannenden Debatte festzumachen ist. Mit Patrick Sensburg konnte die CDU zudem einen hochkompetenten Podiumsteilnehmer aufbieten, der einerseits durch tiefe Sachkenntnis und andererseits durch eine differenzierte Darstellung der komplexen Thematik überzeugte.
Vorsitzender Hans-Georg Bette bedankt sich im Namen des CDU-Stadtverbandes bei allen Diskussionsteilnehmern, beim Moderator und beim Publikum für die lebhafte Debatte. Jürgen Meyer und Christa Wolter von Bündnis90/Grüne gilt ein herzlicher Dank für die vertrauensvolle und verbindliche Zusammenarbeit bei der Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung.
Stand: Sonntag, 10. April 2016 (Fotos: CDU)
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